Winterdienst: Gesetzliche Vorschriften, Rechte und Pflichten – Wann müssen Sie Schnee schippen?
Schnee zaubert entzückende Winterlandschaften. Skifahren, Langlaufen und Eislaufen vertreiben uns die kalten Stunden und Punsch und andere Leckereien erwärmen am Weihnachtsmarkt nicht nur Hände und Bauch, sondern auch die Gemüter. Doch für Gemeinde, Hausbesitzer:innen und Unternehmen bringen die kalten Monate nicht nur Winterzauber, sondern auch Pflichten. Fällt der erste Schnee, wird sich jede:r Grundbesitzer:in und Unternehmer:in schmerzlich den eigenen Verpflichtungen zum Winterdienst bewusst.
Erfahren Sie hier, wer für den Winterdienst verantwortlich ist, welche Pflichten und Rechte Sie als Privatperson oder Unternehmer:in haben und welche Konsequenzen bei der Nichteinhaltung der Pflichten entstehen können.
Winterdienst Gesetz – Wann muss Schnee geräumt werden?
Nicht bei jedem Schneefall muss gleich Winterdienst geleistet werden. Die ersten Schneeflocken im November verschwinden oft nach kurzer Zeit von selbst wieder von den Straßen und Gehwegen. Erst wenn durch das Wetter und Schneefall Gefahrensituationen entstehen können, gilt die Pflicht zum Winterdienst. Wenn durch Schnee, Matsch oder Glatteis das ungefährliche Passieren von Gehwegen, Einfahrten und Parkplätzen verhindert wird, müssen Sie als Unternehmer:in, Grundbesitzer:in oder Vermieter:in sich um die Räumung und das Streuen kümmern.
Dabei muss jedoch nicht zu jeder Stunde geräumt sein. Werktags beginnt die Pflicht in der Regel um 07:00 und endet um 20:00. An Sonn- und Feiertagen muss je nach Region erst um 08:00 oder 09:00 geräumt und gestreut sein. Achtung: Diese Zeiten beziehen sich nicht auf den Beginn der Räumarbeiten, sondern die Wege müssen zu diesen Zeiten bereits passierbar sein. In Bereichen vor Restaurants, Bars oder Kinos, wo auch später noch mit Passant:innen zu rechnen ist, kann die Räumpflicht verlängert werden.
Dabei reicht es jedoch nicht, morgens und abends einmal Schnee zu schaufeln. Die Wege müssen regelmäßig geräumt werden, sodass ein gefahrloses Passieren in den vorgeschriebenen Zeiträumen durchgehend möglich ist. Eine Ausnahme stellt durchgehend starker Schneefall dar. Würden die Wege bereits nach kurzer Zeit wieder voller Schnee sein, so darf die zuständige Person mit dem Räumen warten, bis sich der Schneefall wieder beruhigt hat.
Bildet sich Glatteis, so muss sofort gestreut werden. 1,5 Stunden hat die Gemeinde Zeit, um zu handeln. Dabei kann man sich zwischen verschiedenen Mitteln entscheiden. Granulat, Streusplitt, Sand oder Asche sind die gängigsten Formen von Streugut. Salz ist in vielen Gegenden aufgrund seiner negativen Einflüsse auf die Umwelt verboten und sollte daher eher vermieden werden.
Wer ist verantwortlich für den Winterdienst?
Wer für das Räumen und Streuen verantwortlich ist, ist nicht immer auf den ersten Blick ersichtlich. Die Gemeinde, Grundstücksbesitzer:innen und Unternehmen teilen sich die Pflichten.
Die Gemeinde
Sie ist dafür verantwortlich, gefährliche und wichtige Bereiche im Ortsgebiet passierbar zu machen. Dazu zählen etwa Bürgersteige, Fußgängerwege, Durchgangsstraßen und öffentliche Parkplätze. Außerhalb des Ortsgebiets muss jedoch nur an besonders gefährlichen Stellen geräumt und gestreut werden. Auf Gehwegen und Rad- und Gehwegen muss nicht, oder nur in Ausnahmefällen geräumt und gestreut werden.
Wo Gefahren nicht vermieden werden können, muss die Gemeinde Hinweisschilder anbringen. Das gilt beispielsweise für Stellen, an denen Glatteis nicht vorhergesehen werden kann und demnach nicht schnell genug gestreut werden kann. Hier muss ein “Achtung: Glatteisgefahr” Schild angebracht werden.
Grundbesitzer:innen, Vermieter:innen und Mieter:innen
Grundstückseigentümer:innen können durch eine Verordnung von der Gemeinde zum Winterdienst verordnet werden. Diese müssen dann den Bürgersteig räumen, der an ihr Grundstück grenzt. Hier muss aber nicht der gesamte Weg freigeräumt werden, sondern es reicht ein Streifen von 1 bis 1,5 Metern Breite, sodass zwei Fußgänger aneinander vorbeigehen können. Auch der Weg zur Garage und zu den Mülltonnen muss freigehalten werden. Hier reicht jedoch eine Breite von 50 cm aus.
Wer genau sich nun um das Räumen und Streuen kümmern muss, hängt von der Art des Grundbesitzes ab. Handelt es sich um ein Eigenheim, müssen Sie sich selbst um die Räumung kümmern. Bei einem Miethaus sind ebenso Sie als Besitzer:in und Vermieter:in zuständig. Sie können aber den Winterdienst von den Mieter:innen übernehmen lassen. Dies muss jedoch genau im Mietvertrag festgelegt sein, ansonsten bleiben Sie als Vermieter:in verpflichtet und verantwortlich.
Übertragen Sie die Pflicht nicht an die Vermieter:innen, so können Sie auch eine professionelle Firma mit dem Dienst beauftragen. Die Kosten können in Form von Betriebskosten von den Mieter:innen zurückgefordert werden. Doch auch dies muss genau im Mietvertrag geregelt sein. Bei Mehrfamilienhäusern teilen sich die Mieter:innen in der Regel den Winterdienst, insofern sie laut Mietvertrag dazu verpflichtet sind.
Unternehmen
Auch Unternehmen müssen sich um den Winterdienst kümmern, denn für sie gilt die Verkehrssicherungspflicht, die zur Vermeidung von Gefahrenquellen dient. Als Arbeitgeber:in sind Sie verpflichtet, sowohl Ihre Angestellten, als auch Ihre Kund:innen vor Schnee und Glatteis zu schützen.
Sie müssen alle notwendigen Gehwege und Einfahrten von Schnee und Glatteis frei halten, sodass das Betriebsgelände und Ihre Gebäude gefahrlos betretbar sind. Dabei müssen Sie jedoch nicht alle Nebeneingänge freihalten, es reicht, wenn der Haupteingang oder alle notwendigen Eingänge passierbar sind. Wie für Privatpersonen, so gilt für Unternehmen: Auch angrenzende Gehwege und Bürgersteige müssen freigeräumt werden.
Ihr Firmengelände muss nicht immer, sondern nur zu den üblichen Betriebszeiten geräumt und gestreut werden. Die Mitarbeiter:innen müssen zu Schichtbeginn und -ende gefahrlos das Gelände und die Gebäude betreten und verlassen können, daher empfiehlt es sich, bereits eine Stunde vor deren Eintreffen für das Räumen und Streuen zu sorgen.
Konsequenzen bei Versäumnissen
Sowohl Privatpersonen als auch Unternehmer:innen haben die Verantwortung und die Verpflichtung, für sichere Wege im Winter zu sorgen. Kommen Sie diesen Verpflichtungen nicht nach, so kann es zu Unfällen und Verletzungen kommen.
In diesen Fällen haben die Grundbesitzer:innen und Unternehmer:innen nicht selten mit Klagen, Schadensersatzansprüchen und Schmerzensgeld zu rechnen. Die Betroffenen müssen dann beweisen, dass ihr Schaden durch mangelnden Winterdienst verursacht wurde.
Bei den Entscheidungen über solche Klagen gilt jedoch auch der gesunde Menschenverstand. Hat sich der oder die Verletzte mutwillig in eine gefährliche Situation gebracht, obwohl deutlich sichtbar war, dass der Weg nicht geräumt war, dann wird ihm oder ihr ein Mitverschulden angerechnet. Das gilt zum Beispiel auch, wenn absichtlich ein nicht geräumter Weg anstatt eines Geräumten betreten wurde. In diesen Fällen entscheiden Gerichte oft im Sinne der angeklagten Grundbesitzer:innen, oder das Mitverschulden verringert zumindest den Schadensersatzanspruch.
Mit Verantwortung durch den Winter
Damit es aber erst gar nicht so weit kommt, empfiehlt es sich für alle Grundbesitzer:innen, Vermieter:innen, Mieter:innen und Unternehmer:innen ihren Winterdienstpflichten nachzugehen und so für einen sicheren und harmonischen Winter zu sorgen. So können Sie ungestört den Punsch am Weihnachtsmarkt genießen, anstatt sich mit Schadensersatzklagen und Schmerzensgeld herumzuschlagen.
Titelbild von Sangga Rima Roman Selia. Weiteres Bild von Jonas Augustin.